Am Anfang standen vier Freunde, die am Forschungszentrum für additive Fertigung (DMRC) der Universität Paderborn in über vier Jahren Forschung eine wichtige Beobachtung machten: obwohl der industrielle 3D-Druck vielfältige Möglichkeiten bietet, filigrane Leichtmetallbauteile mit großer Robustheit kostengünstig herzustellen, fehlte es an der passenden Software. Die manuelle Datenübertragung in CAD-Formate kostete viel Zeit und Aufwand, ließ überdies große Interpretationsspielräume, die zu Qualitätsverlusten führten. „Dieses Problem wollten wir lösen“, sagt Dr. Thomas Reiher, der sich im Rahmen seiner Dissertation mit der Erzeugung komplexer bionischer Strukturen beschäftigt hat und als Geschäftsführer zum Gründungsteam der Amendate GmbH gehört. Über vier Jahre hat er an der Entwicklung einer Technologie mitgearbeitet, die den Prozess der Datenübertragung automatisiert, interpretiert und die entstehenden Geometriedaten intelligent glättet. Hieraus entwickelte sich der Ansatz zur Unternehmensgründung, um die Technologie anwenderorientiert weiter zu entwickeln.

Mehr Zeit für Wertschöpfung statt kleinteiliger Datenübertragung

Entstanden ist eine Software, die die Qualität additiv gefertigter Bauteile erhöht, Prozesse erheblich beschleunigt und nach letztem Feinschliff im Sommer am Markt gelaunched wird. Reiher: „Unsere Software sorgt dafür, dass Geometrien bei der Datenglättung nicht mehr unbeabsichtigt entfernt werden. Außerdem sind Arbeitsschritte, die sonst einige Wochen in Anspruch nehmen, mit der Technologie in wenigen Tagen zu erledigen“.

Befürchtungen, Fachkräfte könnten über die Automatisierung überflüssig werden, treten die Jungunternehmer dabei entschieden entgegen. Dr. Gereon Deppe, zuständig für Marketing und Finanzen sowie Mitgründer des Start-Ups, sieht ihren Stellenwert in der Wertschöpfung sogar steigen: „Statt sich im Klein-Klein der Datenbearbeitung zu verlieren, können Ingenieure dem kreativen Prozess wesentlich mehr Aufmerksamkeit widmen. Sie gewinnen Zeit, um das grundlegende Konzept des Produkts zu optimieren und zusätzliche Features zu integrieren.“

Dass dieser Ansatz das Potenzial besitzt die additive Fertigung zu revolutionieren, wird in der Fachwelt bereits gesehen. Die Leser des Branchenportals 3Dnatives kürten Amendate in einer internationalen Abstimmung zum innovativsten Start-Up des Jahres 2018. Ein Exist-Gründerstipendium für drei Mitarbeiter konnte das Unternehmen ebenfalls an Land ziehen. Gemeinsam mit der Protiq GmbH aus Blomberg, einem bereits etablierten Anbieter der additiven Fertigung, gelang zudem eine weitreichende Kooperation. Auf Basis von Amendates Technologie bietet Protiq nun als erster Dienstleister weltweit eine Online-Topologieoptimierung, die über einfache Bedienbarkeit einen Mehrwert für Anwender schafft.

Vielfältige Anwendungsgebiete für Leichtbauteile

Geht es nach den Gründern, wird die additive Fertigung mit ihrer Lösung den Schritt von einer vielversprechenden Technologie zu einer Schlüsseltechnologie gehen. Reiher: „Bedarf an filigranem Leichtbaudesign herrscht von der Luftfahrt- und Autoindustrie bis hin zum Maschinen- und Anlagenbau in vielen Bereichen, gerade auch wenn wir an Sondermaschinen mit kleinen Stückzahlen denken. Wir bieten ein bisher nicht verfügbares Werkzeug, das schnell benutzbare Bauteile generiert, den Materialeinsatz reduziert und einen kostengünstigen Einsatz ermöglicht.“ Im Fokus stehen nicht nur etablierte Kunden und Produkte, deren bislang klassisch hergestellte Bauteile einem Redesign zur additiven Fertigung unterzogen werden sollen, sondern auch neue Bauteile, die originär aus dem 3D-Drucker stammen.

Als Marktführer für Wachstum sorgen

Derzeit arbeitet das Team an einer intuitiven Benutzeroberfläche, die eine Bauteiloptimierung ohne umfangreiches Vorwissen ermöglicht und damit auch kleinere Unternehmen in die Lage versetzt, additive Fertigung in ihrer Produktion einzusetzen. Deppe: „Wir haben das Ziel, den Markt des generativen Designs wesentlich mitzugestalten, und die Vision, dass zukünftig alle Bauteile optimiert werden. So können Rohstoffe geschont und eine Produktion im Sinne der Nachhaltigkeit vorangetrieben werden“. Um diese Vision Realität werden zu lassen, strebt Amendate schnelles nationales und internationales Wachstum basierend auf seiner Technologieführerschaft an. Der derzeit noch kleine Markt biete dafür eine gute Voraussetzung, ist Deppe überzeugt: „Es ist noch immer sehr schwer, Erfahrungswerte, ausgeprägte Kompetenz oder passende Angebote zu finden. Hier können wir ansetzen, den Markt selbst entwickeln und Prozesse aktiv vorantreiben.“

Amendate: EMO Hannover als Plattform zur Kundenakquise

Die EMO Hannover soll dabei helfen. Die Existenzgründer setzen ganz auf den internationalen Stellenwert der Weltleitmesse der Metallverarbeitung, erhoffen sich Kontakt zu Neukunden und Interessierten aus den wichtigsten Industrien und Absatzmärkten. „Es ist ein gutes Gefühl, mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen und zu sehen, dass die eigene Idee ankommt. Messeauftritte helfen uns dazuzulernen und die Bedürfnisse noch besser einzuschätzen“, so Reiher, der mit seinem Team auf der EMO Hannover kurz vor dem ersten Unternehmensgeburtstag stehen wird. Auch das Messemotto Smart technologies driving tomorrow’s production! sei den Gründern auf den Leib geschnitten, freut sich Deppe: „Wir digitalisieren einen manuellen Prozess, der gestützt durch künstliche Intelligenz zukünftig autonom stattfinden kann. Das macht uns zum Enabler der additiven Fertigung im Massenmarkt, einer echten Triebfeder der Produktion von morgen.“

Autor: Stefan Schwaneck, VDW
Umfang:  6.206  Zeichen inkl. Leerzeichen

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