Datenschutz: Zwischen Stolperstein und Handelskrieg
Nicht einmal sechs Monate sind vergangen, seit sich die Welt auf Facebooks Datenskandal mit Cambridge Analytica stürzte. Im März informierte die Tagesschau auf ihren Online-Kanälen, Facebook habe binnen weniger Wochen „100 Mrd. Euro verloren“. Das klang nach einer dramatischen Pleite, lag der Jahresumsatz des Unternehmens doch nicht einmal bei 41 Mrd. Dollar.
Dass nur der Börsenwert in Dollar nachgegeben hatte, ging in der allgemeinen Hysterie unter. Dass die Aktie im Juni ein neues Allzeithoch erreichen und der Unternehmenswert gegenüber März um 120 Mrd. US-Dollar zulegen konnte, ebenso.
Im Gegensatz zum Diesel- darf der Datenskandal damit jedoch als weitgehend ausgestanden gelten. Auch deshalb, weil die Akteure nie einen Hehl aus ihrem Tun gemacht hatten. Tatsächlich waren Alexander Nix, CEO von Cambridge Analytica, und Michal Kosinsky, sein Schweizer Compagnon, 2016 mit ihren Methoden sogar hausieren gegangen. Der Beitrag „Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt“ in der Schweizer Publikation Das Magazin skizzierte das Ausmaß ihrer Datensammlung und wurde binnen weniger Tage zum viralen Hit, jedoch u.a. in Die Zeit, Welt oder dem Münchner Merkur maßloser Übertreibung geziehen. Schließlich sei es nicht möglich, Wahlen über das Internet zu manipulieren.
Heute zielt die Vermutung eher ins Gegenteil. Und müssen sich Nutzer wie Journalisten fragen lassen, ob sie nicht viel zu lange viel zu naiv waren. Immerhin konnte die europäische Datenschutzgrundverordnung hier für Akzente sorgen. Kaum verhüllt zielte sie darauf ab, US-Konzerne wie Facebook, Microsoft, Apple oder Google an die kurze Leine zu legen und mithin das zu tun, was US-Präsident Donald Trump der Europäischen Union seit Monaten vorwirft: Amerikanische Geschäftsmodelle einzuschränken und Handelshemmnisse aufzubauen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ging dabei sogar noch einen Schritt weiter, als sie kürzlich eine Steuer auf Datenbestände ins Spiel brachte, die US-Konzerne überproportional hart belasten würde. Von verbessertem Datenschutz bis zum feinen Besteck in einem aufziehenden Handelskrieg ist es manchmal eben nur ein kurzer Weg.
Autor: Stefan Schwaneck, VDW
Anmerkungen
Screenshot: Der Tweet der Tagesschau ist hier zu finden.
Der Kurs der Facebookaktie sank im Februar und März 2018 von 193,09 auf 152,22 US-Dollar, was einer um ca. 98 Mrd. US-Dollar niedrigeren Marktkapitalisierung entspricht. Bereits im Juni notierte die Aktie bei einem neuen Allzeithoch von 202 US-Dollar, bis Mitte Juli stieg der Kurs weiter auf 207,32 US-Dollar.