Vietnamesische Wirtschaft nimmt Fahrt auf
Deutschland und deutsche Produkte genießen in Vietnam einen ausgezeichneten Ruf. Das bestätigt Marko Walde, Geschäftsführer der Deutsch-Vietnamesischen Außenhandelskammer und Kooperationspartner für die Organisation des zweiten VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken)-Symposiums am Mekong-Delta. Die wirtschaftliche Entwicklung Vietnams nimmt weiter Fahrt auf.
Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2018 um 7 Prozent gewachsen ist. Für das laufende Jahr werden weitere 6 Prozent Plus erwartet. Neue Freihandelsabkommen öffnen die Märkte und ziehen ausländische Investoren nach Vietnam. 2018 haben die acht wichtigsten Abnehmerbranchen von Werkzeugmaschinen 18 Prozent mehr investiert als im Vorjahr. Für 2019 wird ein weiterer Anstieg um 8 Prozent erwartet. Er steht auf breiter Basis. Überproportional investieren die Luftfahrtindustrie, die Medizintechnik, die Elektro-/Elektronikindustrie, die Metallerzeugung und -bearbeitung sowie der Maschinenbau. „Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie, sich erneut in Vietnam zu präsentieren“, sagt Klaus-Peter Kuhnmünch, beim Werkzeugmaschinenverband VDW verantwortlich für die VDW-Auslandssymposien.
Am 14. Mai 2019 haben elf Hersteller in Ho-Chi-Minh-Stadt ihre Innovationen in der Fertigungstechnik für die vietnamesische Industrie vorgestellt. Das sind Alzmetall, Chiron-Werke, Gleason Corporation, Grob-Werke, Heller, Index-Werke, Kapp Niles, Röders, Siemens, Trumpf und J.G. Weisser.
„Die Organisation und der Zeitpunkt des Symposiums sind sehr gut. Auch haben mich die Präsentationen sowie die Auswahl der deutschen Firmen sehr beeindruckt“, konstatiert Nhat Pham, Senior Manager of Strategic Sourcing Marlow Vietnam, Company II-VI.
Vietnam hat Potenzial für deutsche Werkzeugmaschinenhersteller
Vietnam hat sich als wichtiger Bestandteil internationaler Lieferketten etabliert. Damit müssen die Hersteller am Weltmarkt konkurrenzfähig sein, sowohl über den Preis als auch über die Qualität. Entsprechend muss das Land auf anspruchsvolle Produktionstechnik setzen. Für den Werkzeugmaschinenverbrauch, ein wichtiger Indikator für die Modernisierungsanstrengungen der Industrie, ist für 2019 ein Zuwachs von 8,2 Prozent prognostiziert.
Der Maschinenbau ist in Vietnam selbst nur schwach entwickelt. Lokale Hersteller können bislang eher einfache Geräte herstellen. Fortschritte beim Aufbau einer modernen, leistungsfähigen Industrie sind daher stark von Werkzeugmaschinenimporten abhängig. Im internationalen Vergleich steht Vietnam mit 1 Mrd. Euro bereits auf Platz 10 der größten Einfuhrländer. Deutschland gehört mit den Vereinigten Staaten zu den wenigen westlichen Lieferanten, die Vietnam mit Maschinen bedienen. Die Hauptrolle spielen die Asiaten Südkorea, China, Japan und Taiwan. Dennoch sind die deutschen Werkzeugmaschinenexporte nach Vietnam seit 2014 um mehr als 150 Prozent gestiegen, allein 2018 um 215 Prozent. Die Bestellungen aus Vietnam haben sich in jüngster Zeit mehr als verdreifacht.
Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie bietet technologisch anspruchsvolle Lösungen, die sich von den Mengenangeboten asiatischer Wettbewerber abheben. Das bestätigt auch Duong Tuan Ngoc, Vice General Director, HONG KY.,LTD, Ho Chi Minh City: „Für dieses Jahr haben wir bereits Werkzeugmaschinen aus der Schweiz gekauft. In Zukunft interessieren wir uns sehr für hochgenaue Fräsmaschinen aus Deutschland.“ Mit Blick auf diese Entwicklung meint Kuhnmünch: „Angesichts der asiatischen Dominanz und des großen Marktpotenzials in Vietnam müssen die deutschen Hersteller dringend aktiv werden, wenn sie am vietnamesischen Boom teilhaben wollen.“ Und Patrick Kemnitz, General Director, Trumpf Vietnam, ergänzt: „Insbesondere die lokale Präsenz ist wichtig, um Kundennähe zu schaffen. Service und Aftersales sind die Kernelemente für weiteres Wachstum.“
Einer, der von deutscher Seite bereits vor Ort aktiv ist und erstmals an einem VDW-Symposium teilnimmt, ist Jürgen Röders, Geschäftsführer der Röders GmbH in Soltau. „Wir hoffen, über das Symposium ein besseres Verständnis für den vietnamesischen Markt zu bekommen und eventuell auch konkrete Aufträge zu akquirieren“, sagt er. Röders unterhält seit 2013 einen Betrieb zur Lohnfertigung in Vietnam. Das größte Problem vor Ort sieht er in der Mitarbeiterrekrutierung, weil die technische Ausbildung erst schwach entwickelt ist.
Mit rund 100 Teilnehmern war das VDW-Symposium in Ho-Chi-Minh-Stadt sehr gut besucht. Das Interesse war groß, die Diskussionen lebhaft. Im Nachgang zu den elf Firmenpräsentationen wurden 42 bilaterale Gespräche geführt. Dr.-Ing. Dirk Prust, Geschäftsführer Technik/Sprecher der Geschäftsführung, INDEX-Werke GmbH & Co. KG Hahn & Tessky unterstreicht: „Die B2B-Meetings sind eine sehr sinnvolle Ergänzung zu den Präsentationen. Die Einzelgespräche bieten eine einfache Gelegenheit, näher ins Gespräch zu kommen. Über Diskussionen erfährt man als Maschinenhersteller viel über die Sichtweisen, Erfahrungen und Kompetenzen der potenziellen Kunden. Das ist sehr hilfreich in Bezug auf eine sachgerechte Beurteilung und Beratung.“
Auch der VDW zieht eine positive Bilanz: „Wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal hier“, so Kuhnmünch. Das Konzept für die VDW-Symposien, die seit 2004 zweimal jährlich weltweit organisiert werden, sieht vor, dass die Märkte nachhaltig bearbeitet und deshalb in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen wiederholt werden.
Hintergrund
Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie gehört zu den fünf größten Fachzweigen im Maschinen- und Anlagenbau. Sie liefert Produktionstechnologie für die Metallbearbeitung in alle Industriezweige und trägt maßgeblich zu Innovation und Produktivitätsfortschritt in der Industrie bei. Durch ihre absolute Schlüsselstellung für die industrielle Produktion ist ihre Entwicklung ein wichtiger Indikator für die wirtschaftliche Dynamik der gesamten Industrie. 2017 produzierte die Branche mit rd. 72.500 Beschäftigten (Jahresdurchschnitt 2017, Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern) Maschinen und Dienstleistungen im Wert von rd. 16 Mrd. Euro.