Digitale Transformation: METAV zeigt Messtechnik-Trends im Zeichen von Industrie 4.0

 

Welche smarten Konzepte ihre Unternehmen auf der METAV 2022 zeigen, berichten Dr. Heike Wenzel, Geschäftsführerin der Wenzel Group GmbH & Co. KG, Wiesthal, und Hermann Diebold, CEO der Helmut Diebold GmbH & Co. in Jungingen.

„Die turbulenten Zeiten, die wir aktuell erleben, stellen fast alle Unternehmen vor große Herausforderungen“, erklärt Dr. Heike Wenzel. „Doch trotz der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine, stehen – nach dem erfolgreichen Abschluss des Geschäftsjahres 2021 – die Zeichen bei uns weiter auf Wachstum.“ Unabhängig vom Krisenmodus sieht die Geschäftsführerin der Wenzel Group seit Anfang 2022 viele Nachholprojekte. Erfreut stellt sie fest, dass „nun viele Unternehmen in Zukunftsthemen wie E-Mobilität oder Nachhaltigkeit“ investieren.

„Horrende Preissteigerungen“ und Beschaffungsprobleme

Für Hermann Diebold ist die Beschaffung von Material und Elektronik-Bauteilen das größte Problem. Verstärkend kommen „horrende Preissteigerungen“ hinzu, die „wir nur schwer an die Kunden weitergeben können“. Die Corona-Pandemie hat das Unternehmen stark getroffen, weil Mitarbeiter ausfielen, doch dieses Problem ist mittlerweile überstanden. Der Ukraine-Krieg macht sich in der süddeutschen Werkzeugfabrik nur bei den gestiegenen Energiekosten bemerkbar. Diebold: „Aktuell gehen wir wieder auf Messen und treffen viele Menschen. Mal sehen, ob das Thema Covid dadurch wieder aufflammt.“

Beide Geschäftsführer zeigen auf der METAV 2022 Lösungen, die Anwender bei der Digitalisierung der Fabrik unterstützen. „Gerade in Zeiten der digitalen Transformation sehen wir die Messtechnik nicht nur als wichtig und interessant an, sondern im Zentrum positioniert“, betont Geschäftsführerin Wenzel. Als revolutionäre Entwicklung bezeichnet sie das EDV-Tool WM|Generator, mit dem sich aus CAD-Modellen mit den Produkt- und Fertigungsinformationen automatisiert und damit wesentlich produktiver Messprogramme erzeugen lassen.

Fehler passé dank eingebauter Mess- und Regeltechnik

Das Automatisieren des Messprozesses spielt auch für Diebold eine wichtige Rolle. So zeigt das Unternehmen in Düsseldorf neue Geräte zum Warmschrumpfen von Werkzeugen, deren Bedienung durch einfaches Antippen des Touchscreens über die reine datengesteuerte Industrie 4.0-Lösung hinausgeht. Diese so genannte One-Touch-Bedienung startet den Prozess, den dann die eingebaute Mess- und Regeltechnik übernimmt: Das Gerät erkennt die Werkzeugkontur und regelt automatisch Energieeintrag und Einwirkzeit.

„Mit einem Touch läuft der Prozess vollautomatisch und Fehler sind absolut ausgeschlossen“, meint Diebold. „Dadurch ist für echte Nachhaltigkeit gesorgt, denn es wird nur die minimal notwendige elektrische Energie verbraucht. Außerdem sind die Werkzeuge vor Beschädigungen geschützt, was bislang nicht der Fall war.“

Online-Messung in Echtzeit und mit Wuchtmaschinen

Auf der Düsseldorfer Messe geht es auch um den immer noch anhaltenden Trend zur Online-Messung, die im Idealfall sogar in Echtzeit abläuft. Für diese Aufgabenstellung entstand bei der bayerischen Wenzel Group bereits vor vier Jahren eine echtzeitfähige Software zur Analyse der Messaufgaben und der dabei eingesetzten Maschinen. „Der WM|SYS-Analyzer bietet den vollen Umfang an Datentransparenz für Messmaschinen und Messumfeld“, sagt Geschäftsführerin Wenzel. „Berechtigten Anwendern werden alle notwendigen Informationen in Echtzeit in einer ansprechenden Oberfläche zur Verfügung gestellt.“ 

Eine Nachfrage nach Online-Messung beobachtet auch Diebold. Dazu bieten die Baden-Württemberger ihrer Kundschaft einen Qualitäts-Check der Diebold-Werkzeugaufnahmen an. „Die Werkzeugaufnahmen werden bei uns im Hause elektronisch vermessen und jedes Einzelteil bekommt ein digitales Messprotokoll. Damit kann der Kunde erkennen, welche HSK-Kegel in der Normqualität sind und welche nicht oder nicht mehr.“

Die andere Lösung ist eine neue Maschinenbaureihe zum Wuchten von Werkzeugen und Schleifscheiben. Diebold: „Unsere jahrzehntelange Erfahrung aus der Werkzeugfertigung und dem Spindelbau haben es uns ermöglicht, digitalisierte Wuchtmaschinen zu entwickeln, die deutlich genauer messen als bisher marktübliche Produkte.“

 

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„Frühjahrs-Messen sind Gradmesser der Lage“
Interview: Markus Heseding, Geschäftsführer VDMA Mess- und Prüftechnik, Frankfurt am Main


Herr Heseding, was sind zurzeit die größten Herausforderungen für die Unternehmen? Zählen Corona-Pandemie oder der russische Überfall auf die Ukraine dazu?

Markus Heseding: Unsere VDMA-Mitgliederumfragen zur aktuellen Lage zeigen, dass 97 Prozent der Maschinenbauer zumindest indirekt vom Russland-Ukraine-Krieg betroffen sind. Der aktuelle Konflikt verschärft somit die aufgrund von Problemen in der Lieferkette bestehende Situation. Insbesondere bei Elektronikbauteilen gibt es Engpässe und das in Zeiten zunehmender Digitalisierung. Unternehmen der Längenmesstechnik scheinen diese Probleme noch nicht zu kennen. 70 Prozent von ihnen beurteilten im April die Auftragslage besser als im Vorjahr. Insgesamt ist die Situation für die Industrie herausfordernd. Die Messen im Frühjahr sind ein Gradmesser für die Lage auf der Nachfrageseite.

Wie tragen messtechnische Lösungen zum aktuellen Trend zur Digitalisierung der Fabrik bei und was gibt es dazu auf der METAV 2022 zu sehen?

Markus Heseding: Die Unternehmen der Längenmesstechnik haben eine OPC UA Companion Specification für geometrische Messsysteme erarbeitet, die als VDMA-Einheitsblatt 40210 zur Kommentierung veröffentlicht ist. Damit wird die smarte Einbindung von Messsystemen in digitale Fertigungsprozesse ermöglicht. Zu diesem Thema sind Experten auf unserem METAV-Stand. Die praxisnahe Anwendung wird mit der Marke umati auf einem eigenen Stand präsentiert. Mit der standardisierten OPC UA-Schnittstelle kann auf Live-Daten ausgestellter Messmaschinen direkt zugegriffen und diese über Dashboards genutzt werden.

Beobachten Sie auch eine Nachfrage zur Online-Messung, vielleicht sogar in Echtzeit?

Markus Heseding: Die Messtechnik rückt immer stärker aus dem Messlabor in die Fertigung. Das bedingt die Automatisierung des Messens, den Bedarf an standardisierten Schnittstellen, Stichwort OPC UA, eine Rückkopplung der Messergebnisse an die Fertigungssteuerung und im Idealfall an die Fertigungsmaschine. Diese Closed-Loop-Lösungen werden zunehmen und sie sind bei unseren Mitgliedsfirmen zu sehen.

 

Autor: Nikolaus Fecht, Fachjournalist aus Gelsenkirchen

Umfang: rund 7000 Zeichen inkl. Leerz.

 

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