Dies hat eine aktuelle Studie des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), Frankfurt am Main, in Kooperation mit der Münchner Beratungsgesellschaft Strategy Engineers errechnet. Für die Werkzeugmaschinenindustrie ergeben sich eine Reihe von viel versprechenden Ansatzpunkten, zum Beispiel bei der Fertigung von Getrieben und Lagern in der Windenergie oder bei Kernkomponenten wie Kompressoren, Pumpen, Ventilen in der Elektrolyse, der Brennstoffzelle oder bei den stückzahlbezogen interessanten Wärmepumpen, berichten die Forscher.

Ziel der Studie war es, Chancen und Herausforderungen der Energiewende für die Werkzeugmaschinenindustrie zu untersuchen. Die Untersuchung betrachtet die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Energie, konkret Strom, von der Erzeugung über die Verteilung bis hin zur Speicherung. Den erneuerbaren Energien kommt hierbei eine zentrale Rolle zu. Ebenso werden Wasserstoff, stationäre und mobile Brennstoffzellen, Wärmepumpen sowie die Rückgewinnung und Speicherung von Kohlenstoff betrachtet. „Die erklärte Absicht der Bundesregierung, bei der Energiewende aufs Gaspedal zu drücken, wird erschreckend akut. Es ist nicht nur der menschengemachte Klimawandel, der mehr Tempo erfordert, sondern der reale Krieg in der Ukraine, der drastisch verdeutlicht, dass wir unabhängig von fossilen Brennstoffen werden müssen“, sagt Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW. „Unsere Studie bietet zur rechten Zeit exklusiv für unsere Mitglieder Hilfestellung, inwieweit es sich für Werkzeugmaschinenhersteller lohnt, ihr Kundensegment auf die Energiewirtschaft auszuweiten“, so Bernhard weiter.

Der Energiesektor ist für ein Viertel des CO2-Ausstosses verantwortlich. Er spielt daher eine Hauptrolle bei der Reduktion von Schadstoffen. Soll die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5-Grad bis 2050 erreicht werden, zu dem sich viele Industriestaaten bekannt haben, muss massiv investiert werden. Zentrale Felder sind der Ausbau emissionsarmer Energien, der Stromnetzausbau und der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft.

Die Investitionen fließen daher auch vorrangig in emissionsfreie Technologien wie Solarkraft und Windkraft sowie Befähigungstechnologien der Energiewende wie etwa den Ausbau der Stromnetze, Kohlenstoffemissionsreduzierung (CCUS), den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und Wärmepumpen.

  • Auf die Erschließung regenerativer Energiequellen (Windkraft, Solarkraft, Wasserkraft) entfallen dabei derzeit 288 Mrd. Euro, die bis 2040 auf 569 Mrd. Euro anwachsen.
  • Auch in den weltweiten Ausbau zur Stabilisierung der Versorgungssicherheit bei zunehmender Volatilität durch die Zunahme an erneuerbaren Energieträgern muss in Zukunft investiert warden. Die Investitionen ins Stromnetz wachsen dadurch von derzeit etwa 220 Mrd. Euro auf mehr als 600 Mrd. Euro im Jahr 2040 an.
  • Ebenso wird beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft sowie beim Ausbau von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung/-speicherung, inklusive Power-to-X-Technologien, großes Wachstum erwartet, wobei hier der politische Wille zur Förderung der Technologien entscheidend sein wird.
  • Unbestritten sind der Bedarf an und die Weiterentwicklung so genannter Übergangstechnologien, wie Atom- und Gaskraftwerken, zur Absicherung von Grund- und Spitzenlastfähigkeit. Investitionen in diese Technologien hängen stark von regionalen politischen Entwicklungen ab. Investitionen in emissionsintensive Technologien, wie z.B. Kohlekraft, werden weltweit bis 2040 signifikant abnehmen.

„Damit nicht genug, bei der Vielfalt von Anwendungen und Technologien müssen die einzelnen Bereiche detailliert betrachtet werden, um das Potenzial für den Werkzeugmaschineneinsatz abzuleiten“, erläutert Bernhard. Das tut die VDW-Studie, in dem sie den Bedarf an Werkzeugmaschinen für die Bearbeitung der notwendigen Komponenten in den genannten Segmenten einzeln betrachtet. Insbesondere für die mechanische Umwandlung in Gas-, Dampfkraft- und Wasserwerken sowie Windrädern und Schwungradspeichern, werden metallische Komponenten mit hohem Bearbeitungsumfang und hohen Anforderungen an Toleranzen und Oberflächengüte benötigt.

Das größte Potenzial bieten demnach Komponenten für Windkraftanlagen mit anspruchsvoller Fertigung von Getrieben, Nachführungssystemen und Großlagern. Dies wird noch verstärkt durch den Trend zu immer leistungsfähigeren Anlagen. Relevant ist darüber hinaus der Bau von Gasturbinen für die Energieerzeugung in Gas- und Dampfkraftwerken. Schließlich werden viele übergreifende Peripherie-Komponenten in hohen Stückzahlen benötigt wie Pumpen, Kompressoren, Generatoren, Lager, Ventile, Tanks und Rohre.

Volumenmäßig besonders interessant sind Wärmepumpen zur Beheizung von Gebäuden. Perspektivisch rücken Komponenten für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft ins Blickfeld, wie Kompressoren und Stackendplatten in der Elektrolyse sowie bei mobilen und stationären Brennstoffzellen. Über die reine Energieerzeugung, Speicherung und Verteilung hinaus ergeben sich auch Potenziale durch die Automatisierungstechnik zur Fertigung von Photovoltaikmodulen, Batteriezellen oder Brennstoff- bzw. Elektrolysestacks. Anforderungen durch die Energieverteilung, beispielsweise an Transportfahrzeuge oder Spezialschiffe, sowie Maschinen für die Fertigung von Komponenten zur Umsetzung der Energiewende runden den Bedarf ab.

Insgesamt spielt der Energiesektor für den Absatz von Werkzeugmaschinen derzeit eine kleinere Rolle. Jedoch liegt die Entwicklung des relevanten Marktsegments für die Branche mit 3,6 Prozent realem Wachstum jährlich bis 2040 signifikant über der durchschnittlichen längerfristigen globalen Marktentwicklung für Werkzeugmaschinen (1,1 Prozent). „Die Studie zeigt, dass die Energiewirtschaft mit ihrem signifikanten Wachstum bis 2040 Potenzial für die Hersteller bietet“, resümiert VDW-Vorsitzender Bernhard. „Insbesondere für Firmen, die bereits in der Energiebranche tätig sind und/oder ihren Kundenstamm diversifizieren wollen, lohnt sich die intensive Beschäftigung mit den Studienergebnissen. Sie bieten wertvolle Informationen, die es in dieser Detailliertheit sonst nirgends gibt“, sagt er abschließend.