Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Laut Hays Fachkräfte-Index fehlen derzeit knapp 50.000 Ingenieurinnen und Ingenieure im verarbeitenden Gewerbe. Das Institut der deutschen Wirtschaft sagt zudem voraus, dass bis Ende des Jahrzehnts mehr als doppelt so viele MINT-Fachkräfte in den Ruhestand gehen werden, wie neue Absolventinnen und Absolventen in die Branche nachrücken. Der Fachkräftemangel heute dürfte somit erst der Anfang einer sich weiter verschlechternden Lage sein – wenn nicht gegengesteuert wird. Genau das zu tun, hat sich die EMO Hannover in diesem Jahr auf die Fahnen geschrieben. Mit ihrer Sonderschau Bildung der Nachwuchsstiftung Maschinenbau bündelt sie unterschiedliche Initiativen, die neue Zielgruppen für produzierende Unternehmen gewinnen will.

 

„Für uns als Branche kristallisiert sich der Rückgang an qualifiziertem Nachwuchs neben den anderen Herausforderungen immer mehr als Wachstumsbremse heraus“, warnt Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer des VDW, der die EMO Hannover ausrichtet. Eine Blitzumfrage des VDMA Ende vergangenen Jahres zeigte, dass rund 80 Prozent der befragten Maschinenbauunternehmen den Fachkräftemangel für „besorgniserregend“ beziehungsweise sogar „gravierend“ einstufen. „Wir müssen daher neue, kreative Wege, manchmal auch Umwege finden. Nicht zuletzt deshalb greift die EMO Hannover das Thema mit der Sonderschau Bildung auf.“

 

Insbesondere zwei Zielgruppen bieten erfolgversprechendes Potenzial: Neben gut ausgebildeten Fachkräften aus dem Ausland sind das vor allem junge Menschen im Übergang von Schule zu Beruf. Auf dem Stand der Sonderschau Bildung (Halle 8, A54) empfängt die Nachwuchsstiftung Maschinenbau im Laufe der Woche über 3.000 Schülerinnen und Schüler. Für sie haben die Mitarbeitenden in Zusammenarbeit mit teilnehmenden Unternehmen eine Prozesskette aufgebaut, mit der sie Formel-1-Modellwagen produzieren und zusammenbauen können – ein Highlight für die Teenager auf der EMO Hannover. „Mit diesem Projekt wollen wir junge Menschen für Technik begeistern und ihnen Einblicke in die relevanten Ausbildungsberufe des Maschinenbaus ermöglichen“ berichtet André Wilms, Leiter Standort Süd der Nachwuchsstiftung Maschinenbau. „Dabei werden sie von Auszubildenden unserer Partnerunternehmen begleitet, wodurch sie gleichzeitig Einblicke in die Welt der Ausbildung erhalten. Wir bieten zudem Interviews an, in denen die Azubis von ihrem Alltag erzählen. Wir wollen die Schülerinnen und Schüler nicht nur informieren, wir wollen sie auch inspirieren.“

 

Das ist auch das Ziel der Rallye TECHventure – Technik ist mehr als Mathe, die die Pennäler zu verschiedenen Unternehmen und Forschungseinrichtungen führen. An den Ständen erfahren sie mehr über das breite und spannende Spektrum an Tätigkeiten, das ihnen technische Berufe bietet. „Unsere Schüler waren begeistert, eine echte Fachmesse zu besuchen“, freut sich Eva-Maria Müller, Techniklehrerin an der Oberschule Uplengen. „Durch die Rallye hatten alle die Gelegenheit, an den Ständen auch echte Kontakte mit den Ausstellern zu haben – das wäre ohne diese Veranstaltung nicht möglich gewesen.“

 

TECHventure ist der Auftakt zur WGP-Nachwuchsinitiative, die im Frühjahr gestartet ist. „Wir bemerken auch an den Universitäten eine seit Jahren rückläufige Zahl an Studienanfängerinnen und -anfängern“, berichtet Prof. Jens Wulfsberg, Präsident der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik). „Das nimmt mitunter schon dramatische Ausmaße an und könnte den Fachkräftemangel in Zukunft noch deutlich verstärken.“ Aus diesem Grund will der Zusammenschluss von 72 führenden Professorinnen und Professoren der Produktionswissenschaft junge Menschen künftig auch über Social Media für MINT-Fächer und technische Berufe begeistern. Die WGP engagiert sich schon seit Jahren für eine nachhaltigere und effizientere Produktion, wie etwa die WGP-Effizienzinitiative anlässlich der Energiekrise zeigt. „Das Thema zieht viele junge Menschen an. Ihnen ist aber nicht bewusst, dass sie gerade in den technischen Berufen sehr viel für eine zukunftsfähige Gesellschaft tun können“, bedauert Wulfsberg. Wer nach der Rallye Lust hat, kann sich über die neuesten nachhaltigen Trends aus der Produktionswissenschaft auf den Sonderständen Future of Sustainability in Production Area (Halle 16, F11) sowie Future of Connectivity Area (Halle 9, H22) inspirieren lassen.

 

Personal- und Ausbildungsverantwortliche können sich während der gesamten Messelaufzeit bei der Sonderschau Bildung darüber informieren, wie sie Nachwuchs nicht nur gewinnen, sondern auch an sich binden können. Darüber hinaus haben die Mitarbeitenden der Nachwuchsstiftung Maschinenbau Tipps zur Digitalisierung in der Ausbildung und unkonventionelle Rekrutierungsmaßnahmen im Gepäck.